Mittwoch, 5. September 2012

Dean Koontz - Blindwütig

Cubby Greenwich ist Schriftsteller und erhält zu seinem neusten Bestseller eine Rezension des gefürchteten Literaturkritkers Shearman Waxx. Eine vernichtende Rezension. Greenwich versucht, diesen Tiefschlag auf Anraten seiner Familie und Freunde locker zu nehmen. Doch als er erfährt, dass Waxx ganz in seiner Nähe wohnt und zudem noch regelmäßig in seinem Lieblingsrestaurant essen geht, kann er nicht widerstehen. Cubby speist zur selben Zeit mit seinem Sohn in  besagtem Restaurant, um sich den gefürchteten Kritiker, von dem es bislang kein Bild im Internet gibt, auf dem er zu erkennen ist, aus der Nähe anzusehen. Mehr nicht. Doch sie stoßen aufeinander, wenngleich augenscheinlich harmlos, doch von da an wandelt sich das Leben von Cubby und seiner Familie zum Alptraum. Waxx ist ein Psychopath, der sich zum Ziel gesetzt hat Greenwich nebst Frau und Kind umzubringen.

Dean Koontz hat es mal wieder geschafft, mich von der ersten Seite an in seinen Bann zu ziehen. Nicht etwa, weil gleich zu Beginn Spannung herrscht, dass man sich vor Furcht die Nägel runterbeißt, sondern eher, weil er eine überaus erfrischende und witzige Art hat, seinen Protagonisten Cubby Greenwitch zu Wort kommen zu lassen. Aus der Ich-Perspektive schildert dieser die Ereignisse und legt eine beißende Selbstironie und einen zum Teil schreiend komischen Sarkasmus an den Tag. Ansich besticht Koontz mal wieder durch einen professionellen sprachlichen Stil, den er auf allen Ebenen halten kann.

Die Charaktere waren mir allesamt sympathisch - die 'Guten'.  Ausnahme bildete nur Cubbys Literaturagent, der an Nervigkeit nicht zu übertreffen ist. Doch dies war ganz offensichtlich geplant, somit ist das kein Minuspunkt. Allerdings sind alle Personen in ihrer Art und mit ihren Fähigkeit sehr überzeichnet. Gerade in Bezug auf Cubby Greenwich, für den 'Trottel' in Verbindung mit technischen Geräten und technischem Verständnis noch ein Kompliment darstellen würde, irritierte mich das anfangs sehr. Als jedoch die Ursache dafür gelüftet wurde, erschien es sogar ausgesprochen logisch und folgerichtig und somit konnte ich mit diesem Wesenszug Greenwichs meinen Frieden schließen. Auch Sohn Milo Greenwich ist ein sechsjähriges Kind, das es so in der Realität kaum gibt. Er ist ein Erfindergeist und was er mit seinen sechs Jahren alles schon macht  - und auch machen darf - überschreitet für mich die Grenze des Realistischen. Dennoch stört es mich nicht wirklich, denn der ganze Plott ist irgendwie übernatürlich, somit passen die schillernden Figuren alle hinein. Man darf diesen Roman nur nicht lesen, mit der Erwatungshaltung, alles nach 'normal rationalen Gesetzen' vorzufinden. Somit sortiere ich das Werk auch unter 'Mystery' ein und nicht nur unter 'Thriller'.

Das Ende lief für meinen Geschmack ein wenig zu glatt. Zwar gibt es einen klassischen Showdown, der zu überraschen weiß, weil man sich die Umstände nicht hätte herleiten können. Ich bin  zwar kein Fan von Antagonisten, die zig Leben haben und  immer und immer wieder aufstehen, doch ein bisschen erkämpfen sollten sich die Protagonisten das Happy End schon. Das kommt hier zu kurz.

Trotz der Kritikpunkte war es für mich ein spannendes Lesevergnügen. Ein Koontz halt mit all seinen Stärken und Schwächen.

Gebundene Ausgabe: 432 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
ISBN-10: 3453266544
ISBN-13: 978-3453266544 
Preis: 19,99 Euro (gebundene Ausgabe)
             8,99 Euro (Taschenbuch)
             7,99 Euro (Kindle Edition)

Zoë Beck - Das zerbrochene Fenster

Der Freund von Philippa Murray - genannt Pippa - verschwindet von heute auf morgen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen oder seine Sachen mitzunehmen. Diese Umstände lassen Pippa nicht los und sie tut alles in ihrer Macht stehende, um Sean Butler zu finden.
Als die Witwe von Lord Darney ermordet aufgefunden wird, behauptet Pippa, zur Verwunderung der zuständigen Ermittler, dass Sean der Mörder ist. Wie soll das möglich sein, wo doch Sean  Jahre vor der Tat verschwand? Als die Polizei Pippa dazu befragen will, ist auch diese nicht mehr auffindbar ...

Die Geschichte rund um Pippa Murray und dem mysteriösen Verschwinden ihres Freundes Sean Butler ist von Zoë Beck clever gesponnen und facettenreich erzählt worden.  Pippa schildert ihre Sicht der Dinge in Form von Tagebucheintragungen, die sehr authentisch verfasst wurden und es unmöglich machen, das Buch aus der Hand zu legen. Ihre Berichterstattung beginnt kurz nach dem Sean nicht mehr nach Hause zurück gekehrt ist.

Ein weiterer Erzählstrang startet in der Nacht, als die Witwe Lord Darneys ermordet wird.  Mit jeder  Seite wuchs meine Neugier, wie die Geschichten  zusammenhängen, denn meine Vorstellungskraft reichte nicht aus, eine logische Verbindung zu erkennen. Doch wer Zoë Becks Bücher kennt, der weiß: es gibt eine.
Die Charaktere sind für mein Empfinden gut kreiert worden, ganz besonders gefallen hat mir Cedric, der Sohn von Lord Darney, der ebenfalls ein persönliches Interesse hat, die Umstände des Mordes an seiner Stiefmutter aufzuklären. Er ist ein junger Mann mit einer ganzen Palette an Psychosen (zeitweise erinnert er mich aufgrund dieser 'Macken' an Monk), doch er weiß, dass er sich von diesen nicht ins Bockshorn jagen lassen darf, damit der Mord und einige damit einhergehenden Sachverhalte aufgeklärt werden, denn davon hängt seine Zukunft ab.
Zoë Beck hat einen gelungenen Thriller aus ihrer Feder fließen lassen, der durch die verschiedenen Schauplätze, Personen und Problematiken unteschiedlicher Gesellschaftsschichten sehr abwechslungsreich ist. Ihr Schreibstil ist leicht verständlich, die Dialoge knackig und haben mich oft, trotz der ernsten Thematik, zum Lachen gebracht.

Lediglich das Ende überraschte mich ein wenig, weil es mir im Vergleich zu den recht rasanten Handlungssträngen zu unspektakulär vorkam. Wenngleich auch logisch. Dennoch hat mich die Reaktion von Pippa - was ich hier nicht genauer ausführen kann ohne zu spoilern - ein wenig verwirrt, hätte ich mir anhand der 'Lösung' mehr Emotionen, insbesondere Wut, weil sie so lange im Unklaren war, vorstellen können.

Alles in allem ein gelungener Thriller mit Suchtfaktor. Ich fand erst wieder zur Ruhe, als die letzte Seite verschlungen war. Empfehlenswert!

Taschenbuch: 368 Seiten
Verlag: Bastei Lübbe
ISBN-10: 3404160460
ISBN-13: 978-3404160464
Preis: 8,99 Euro (Taschenbuch)
           7,49 Euro  (Kindle Edition)

Dienstag, 4. September 2012

Michael Dissieux - Graues Land

Harvey lebt in den Bergen, wo er bis zur Krankheit seiner geliebten Frau Sarah ein bislang glückliches Leben führte. Doch nicht nur der gesundheitliche Zustand seiner Frau bedrückt ihn. Trotz der Abgeschiedenheit spürt er, dass mit der Welt etwas passiert ist und er wird nicht nur dadurch bestärkt, dass kein Fernsehprogramm mehr ausgestrahlt wird, sein Telefon keine Verbindung mehr aufbaut, der Zeitungsjunge kein neues Tagesblatt mehr liefert oder schlussendlich der Strom ausfällt. Nein. Die unnatürliche Stille um ihn herum und das Grau, das scheinbar alle Farben vertilgt, bestärken ihn in seinem Verdacht, ebenso die Wesen, die er des Nachts in der Nähe des Hauses zu wissen glaubt. Etwas stimmt ganz und gar nicht und er ist sich zunächst  nicht sicher, ob er herausfinden will, was es ist. Die Begegnung mit einer dieser mysteriösen Kreaturen in seinem Garten macht ihm jedoch klar, dass ihm keine andere Wahl bleibt, als sich in seinen Wagen zu setzen um auf eigene Faust herauszufinden, in welchen Wahnsinn die Welt geraten ist.
Doch seine alten Freunde, die er aufsucht, sind auch nicht mehr dieselben ....

Aufmerksam geworden bin ich auf diesen Roman durch die sozialen Netzwerke und nachdem meine Neugier durch Aussagen wie "ein deutscher Stephen King" geweckt wurde, habe ich mir das Buch als Kindle-Version zugelegt. Mit einem großen  Meister wie King verglichen zu werden ist als Neuling eine Bürde, doch ich kann auf jeden Fall zustimmen, dass Michael Dissieux es ausgezeichnet versteht, Atmosphäre zu schaffen und das über den gesamten Roman hinweg. Ob man verschiedene Autoren überhaupt vergleichen sollte, lasse ich mal außen vor. King ist King und Dissieux ist Dissieux und beide sind verdammt gut in dem, was sie tun!

Aber nicht nur die Atmosphäre ist fesselnd, sondern auch die Charaktere sind gut gezeichnet.
Harvey ist mir  schnell ans Herz gewachsen, mit seinen Gefühlen und Ängsten  - wäre ich mit einer ähnlichen Situation konfrontiert - konnte ich mich absolut identifizieren.
Hin und wieder wurde dem Autor Langatmigkeit vorgeworfen, was ich nicht unterschreiben kann. Eine derart bedrückende, graue Atmosphäre schafft man nicht, in dem man kurze, actionreiche Szenen anneinander reiht, denn es ist ja gerade das Markante, dass eben nichts passiert und somit das ungute Gefühl in Harvey nährt. 
Der Schreibstil ist auf eine für mich wunderbare Art von Metaphern geprägt, die Michael Dissieux schier nicht auszugehen scheinen. Sie sind passend, treffen die Situation haargenau und er schafft es damit, Bilder mit Worten zu malen. Lediglich die Dialoge sind mir ein wenig zu steif an manchen Stellen. Insbesondere bei der Unterhaltung zwischen Vater und Sohn würde ich mir eine weniger förmliche Dialogführung wünschen. Doch das ist ein ganz kleiner Kritikpunkt, der einsam einer Liste voller Lob gegenübersteht.

Im Übrigen sei noch gesagt, dass es nicht nur vom sprachlichen Inhalt her ein wirklich gutes Buch ist, sondern es ist auch noch mit zur Story passenden und äußerst ausdruckstarken Illustrationen angereichert worden. Das macht das Ganze zu einem Gesamtpaket, das ich wärmstens weiterempfehlen kann, wenn man Fan von Romanen mit Endzeit-Charakter ist.

Teil zwei gibt es mittlerweile auch und ich bin gleich wieder in das graue Land eingetaucht. Doch dazu mehr in einer seperaten Rezension, wenn ich das gute Stück ausgelesen habe.

Broschiert: 270 Seiten
Verlag: Luzifer Verlag
ISBN-10: 3943408035
ISBN-13: 978-3943408034
Preis: 14,95 Euro (broschierte Ausgabe)
             3,99 Euro  (Kindle-Edition)

Dean Koontz - Der Rabenmann / Die schwarze Feder

Als John Calvino gerade einmal 14 Jahre alt ist, wird seine gesamte Familie im Rahmen einer Mordserie, begangen von dem Rabenmann Alton Turner Blackwood, ausgelöscht. Sie ist die vierte Familie, die Blackwood auf dem Gewissen hat und es wären sicherlich noch unzählige mehr geworden, hätte John Calvino den Rabenmann in der Nacht, in der seine Eltern & Schwestern ermordet wurden, nicht zur Strecke gebracht.
Jahre später - Calvino ist inzwischen bei der Polizei und hat selbst Frau und drei Kinder - wird eine Familie vom eigenen Sohn ermordet. Obwohl der Rabenmann tot ist, erinnern die Umstände und gewisse Details der Morde an die Gräueltat, die seiner Familie widerfahren ist. John beginnt zu ermitteln, obwohl ihm der Fall nicht zugeteilt wurde, und findet immer mehr Hinweise darauf, dass Blackwood - so unwahrscheinlich es auch scheint - zurückgekehrt ist und er und seine Familie auf der Liste des Killers stehen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn es ist nahezu unmöglich, gegen einen derart übermächtigen Gegner, dessen Existenz nicht zweifelsfrei bewiesen werden kann, Verbündete zu finden ...


Dean Koontz hat für meinen Geschmack mal wieder ein hervorragendes Werk mit viel Spannung geschaffen.
John Calvino ist als Charakter sehr gut gelungen, mit all seinen  Abgründen, Zweifeln und persönlichen Dämonen. Ebenso Alton Turner Blackwood, dessen Geschichte in Form von Tagebucheintragungen immer wieder in die Haupthandlung einfließt, und ihn so noch greifbarer und bedrohlicher macht. Auch bei den Kindern von Calvino ist Koontz nicht in Oberflächlichkeit verfallen, sondern hat sie mit Träumen, Hoffnungen, Ängsten & persönlichen Macken versehen, die sie dreidimensional werden lassen. Wahrlich meisterlich!
Der Plot ist spannend, das Tempo jedoch nicht rasant sondern ein wenig gemäßigt - was dem Thrill für meinen Geschmack zugute kommt. Der Spannungsbogen wölbt sich nicht einem Regenbogen gleich, sondern erfährt mehrmals ein auf und ab. Für diese Geschichte eine gute Wahl. Der sprachliche Stil zeugt für mein Empfinden von schriftstellerischer Professionalität. Lediglich manche Ausführungen - insbesondere von John Calvinos alltäglichen Handlungen - sind mir an einigen Stellen zu ausschweifend und dadurch kommt latent Langeweile auf. Doch bevor diese sich einzunisten droht, geht es gewohnt spannend weiter, und ich kann über diese "Ausrutscher" hinwegsehen, die vielleicht nur ich persönlich als solche empfinde. Geschmacksache eben.
Das Ende hat mich überrascht, denn ich habe mir die ganze Zeit über die Frage gestellt: Wie kommt er aus der Nummer wieder raus, ohne sich totaler Klischees oder an den Haaren herbei gezogenen Zufällen zu bedienen. Doch er hat es geschafft. Es kommt zwar irgendwie die Deus Ex Machina zum Einsatz - sogar wortwörtlicher als man das meistens mit dem Begriff verbindet - doch ich konnte es als plausibles Ende annehmen, ohne enttäuscht zu sein. Nicht überragend, aber Koontz hat es auch nicht vermasselt.

Fazit: Ein spannender Mystery-Thriller! Für Thriller Fans ein Muss!
Übrigens ist die Kurzgeschichte (7 Kapitel) "Die schwarze Feder" auch empfehlenswert. Sie handelt von der Zeit noch vor der Ermordung John Calvinos Familie und gibt einen guten Einblick in die Entwicklung Alton Turner Blackwoods und darüber, warum er eines Tages dazu überging, ganze Familien anstatt "nur noch" eizelne Opfer zu ermorden. Das Beste ist, man liest sie, bevor man den Roman beginnt, doch auch anschließend sorgt sie für spannende Lesemomente. Die Kurzgeschichte ist ausschließlich als e-book erhältlich.


Gebundene Ausgabe: 480 Seiten
Verlag:
Heyne Verlag (12. Dezember 2011)
Sprache:
Deutsch
ISBN-10:
3453267354
ISBN-13:
978-3453267350
Preis gebundene Ausgabe: 19,99 €
Preis Kindle Edition: 15,99 €

Arno Strobel - Das Skript

Die Tochter des Herausgebers einer Hamburger Tageszeitung ist spurlos verschwunden und schnell ist man sich aufgrund der Umstände ihres Verschwindens sicher, dass es sich hierbei um eine Entführung handeln muss. Bald darauf erhält die Studentin Nina Hartmann ein mysteriöses Paket, das zum Inhalt eine auf Menschenhaut geschriebene Nachricht hat. Geschockt informiert Nina die Polizei, die rasch einen Zusammenhang zwischen der Entführung und der Postsendung vermutet.

Andrea Matthiesen und Stephan Erdmann werden auf diesen Fall angesetzt, ein Ermittlerduo, das erstmalig zusammen arbeitet und anfängliche Probleme mit ihrer beruflichen Partnerschaft hat. Die Probleme klären sich jedoch im Laufe ihrer Zusammenarbeit, als die Ursachen für die Verhaltensweise der zunächst unnahbar wirkenden Andrea ans Tageslicht kommen.
Die Ermittlungen führen die Polizei zu dem Schriftsteller Christoph Jahn, der ein Buch geschrieben hat, in dem genau das vorkommt, womit sich die Polizei konfrontiert sieht: Ein auf Menschenhaut geschriebenes Manuskript. Mehr noch: Es ist nicht das erste Mal, dass ein Psychopath die Inhalte eines seiner Bücher grausame Realität werden lässt, denn schon einige Jahre zuvor sorgte die detailgetreue Nachstellung seines Buches 'Der Nachtmaler' für Entsetzen bei Polizei und Bevölkerung. Konnte sich Jahn auch damals von dem Verdacht befreien, selbst der Killer zu sein,  so gerät er nun erneut als dringender Verdächtiger ins Fadenkreuz der Ermitller.

Das Buch hat mich vom ersten Moment an gepackt. Der perspektivische Wechsel zwischen der Entführten und den Ermittlern ist ausgesprochen gut gelungen und die Darstellung der Ängste, die ein Mensch haben muss, der Opfer einer solch barbarischen und ausweglosen Situation wird, werden über sämtliche Sinneskanäle von Arno Strobel hervorragend vermittelt. Fast schon zu gut, denn Beklemmung und Panik treiben ihre Wurzeln, je weiter das Buch voranschreitet, tiefer in die eigene Psyche, als einem lieb ist.
Die Charaktere sind gut entwickelt und vielschichtig, obwohl sie mich erst im Laufe der Entwicklung wirklich erreicht haben. Zunächst wirkte Andrea Mathiesen auf mich, wie die typische Frau im Polizeiapparat, die sich, um sich behaupten zu können, einen dicken Seelenpanzer zugelegt hat. Stephan Erdmann dagegen erschien mir zunächst ein wenig machohaft, der mit den Eigenschaften seiner Vorgesetzten Andrea deshalb Probleme hat, weil ihr am Ende ihres Vornamens ein 's' fehlt, sprich: weil sie eine Frau ist. Doch beide erste Eindrücke stellen sich bald als Vorurteil heraus und die zwischenmenschlichen Probleme und der Umgang mit ihnen, lässt sie von Seite zu Seite sympathischer werden. Letztlich hatte ich das Gefühl, dass sich da genau das richtige Duo gefunden hat, um den Fall erfolgreich zu lösen, sie mussten sich zunächst nur zusammenraufen.

Der Verlauf des Thrillers ist spannend, ohne Logikfehler und bietet überraschende Wendungen, ebenso die Möglichkeit, wenn man sehr genau liest und ein wenig geübt ist, den Täter ermitteln zu können. Was viele gerne als "vorhersehbar" abstempeln finde ich ein Muss bei guten Krimis oder Thrillern, bei denen ein Ermittlerteam im Mittelpunkt steht. Schließlich wird man beim Lesen selbst zur Spürnase und fühlt sich gut, wenn man eine harte Nuss knacken konnte. Allerdings, das ist gewiss, muss man wirklich sehr wachsam sein, sonst kommt man dem Übeltäter nicht auf die Schliche ;)

Der Schreibstil von Arno Strobel ist für mich immer wieder sehr angenehm. Nicht zu einfach, nicht zu hochgeschraubt sondern für mein Empfinden genau richtig. Keine unnötigen, ellenlangen Beschreibungen, sondern so dosiert, dass einem alles Wichtige vermittelt, die eigene Fantasie aber nicht bevormundet wird.
Fazit: Ein wirklich gelungener Thriller, der von Anfang bis Ende zu fesseln weiß!

Broschiert: 400 Seiten
Verlag:
Fischer (Tb.), Frankfurt
ISBN-10:
3596191033
ISBN-13:
978-3596191031
Preis: 8,99 € (Taschenbuch und Kindle-Edition)

Yrsa Sigurdardóttir - Geisterfjord

Yrsa Sigurdardóttir hat mit Geisterfjord ihren ersten Thriller geschrieben, der als eigenständiger Roman steht, und nicht in der Reihe rund um die Rechtsanwältin und Hobby-Ermittlerin Dora Gudmundsdóttir spielt.
Drei junge Leute aus Reykjavik - Katrin, ihr Ehemann Gardar und deren gemeinsame Freundin Lif - haben es sich zur Aufgabe gemacht, ein runtergekommenes Haus in Hesteyri instand zu setzen und später als Gästehaus zu betreiben. Hesteyri liegt auf einer Insel, die nur per Boot erreichbar ist und das auch nur, wenn die Wetterbedingungen mitspielen, die jedoch in der Herbstzeit bereits unberechenbar sind. Ausgerüstet mit Materialien für die Renovierung, einigen Lebensmitteln, drei Handys und sonstigen - wenigen - Dingen, die das Überleben in der unwirklichen Landschaft garantieren, lassen sie sich von einem Skipper übersetzen und vereinbaren die Abholung für eine Woche später - sofern nichts dazwischen kommmt. Doch die ersten Zwischenfälle, die den Aufenthalt der jungen Leute nach und nach zur nervlichen Zerreißprobe werden lassen, ereignen sich bereits kurz nach ihrer Ankunft.
Parallel dazu spinnt die Autorin einen zweiten Handlungsstrang rund um den Psychologen Freyr, der von Kriminalkommissarin Dagný bei einem auf den ersten Blick 'harmlosen' Fall zu Rate gezogen wird. In einem Kindergarten wurde eingebrochen, etliche Dinge zerstört und an einer Wand das Wort "schmutzig" hinterlassen. Kein schönes Ereignis für die Betroffenen, aber zunächst sieht alles nach mutwilligem Vandalismus ohne erkennbarem Motiv aus. Doch bei einem Gespräch mit einem Patienten erfährt Freyr von einem ganz ähnlichen Fall, der sich Jahrzehnte zuvor an der Schule, an der der Patient früher unterrichtete, ereignet hat. Auch dort wurde ein Feld der Verwüstung hinterlassen und die Worte "hässlich" sowie "schmutzig" auf den Wänden verewigt, zusätzlich ein Klassenfoto verunstaltet. Nicht sicher, ob es sich nicht nur um einen Zufall handelt, stellt Freya mit Dagnýs Hilfe weitere Nachforschungen an und stößt auf Dinge, die ihn schnell an seinem Verstand zweifeln lassen. Nicht nur, dass die Kinder, deren Gesichter auf dem Klassenfoto bei dem Einbruch in der Schule damals bis zur Unkenntlichkeit verschandelt worden sind, nach und nach auf mysteriöse Weise wegsterben und seltsame Male in Form von Kreuzen auf dem Rücken haben, bei denen unklar ist, wer ihnen diese zugefügt hat. Plötzlich scheint auch das Verschwinden von Freyrs Sohn Benni von vor drei Jahren in Zusammenhang mit den Ereignissen zu stehen, obwohl  sich der Psychologe lange nicht erklären kann, in welcher Weise.
Yrsa Sigrudardóttir versteht es auf grandiose Weise, Spannung aufzubauen und diese bis zum Schluss auf einem  hohen Level zu halten. Wenngleich der Plot bisweilen ein wenig konstruiert wirkt, lassen einen die Spannungs-Daumenschrauben, die sie unerbittlich anlegt, darüber hinweg sehen. Die Erzählweise ist straff und direkt, ohne viele Schörkel wie Landschafts- oder Personenbeschreibungen. Gerade das trägt im Zusammenhang mit der Storyline zu der beklemmenden Atmosphäre bei, die es unmöglich macht, das Buch eher wieder aus der Hand zu legen, als dass das letzte Wort gelesen wurde. Die Charaktere sind überzeugend und nur soweit vielschichtig, wie es ihre Rolle innerhalb der Geschichte erfordert. Auch das fand ich gelungen. Man muss das Buch allerdings sehr aufmerksam lesen, um die ganzen Verbindungen zu verstehen, die sich plötzlich zwischen den , vermeintlich für sich stehenden, Ereignissen auftun. Ein Teil der Entwicklungen ist gegen Ende vorhersehbar - was nicht negativ gemeint ist - auf einige Sachen konnte man jedoch nicht kommen, egal wie aufmerksam man das Buch gelesen hat. Normalerweise fühle ich mich bei solchen Wendungen immer ein wenig unwohl und als Leser "verschaukelt", doch da es sich hier nicht um einen klassischen Ermittlerkrimi handelt, sondern um einen Roman mit einer gehörigen Portion Mystery, ist das in dem Fall für mich völlig in Ordnung gewesen. Dennoch ließ mich die letzte Passage des Buches erstmal ratlos zurück, da ich sie nicht einzuordnen wusste. Es konnte die Vorbereitung auf einen Nachfolger sein, ebenso aber der ein wenig holprig umgesetzte Versuch, das Buch mit offenem Ende zu versehen und den Leser mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend zurückzulassen. Ganz sicher bin ich mir noch immer nicht, was davon zutrifft.
Wer gut portionierte Mystery mag und einen Faible für Romane mit beklemmender Atmospähre hat, dem kann ich dieses Buch wärmstens empfehlen.

Broschiert: 358  Seiten
Verlag: S.Fischer Verlage
ISBN-10: 3596192730
ISBN-13: 978-3596192731
Preis: 8,99 € (gebundene Ausgabe / Kindle Edition)

Douglas Preston & Lincoln Child - Revenge - Eiskalte Täuschung



Dieser Roman ist der zweite Teil der  Helen-Trilogie, in dem es um die vor vielen Jahren in Afrika verunglückte Frau des exzentrischen Agenten Aloysius Pendergast geht.
Judson Esterhazy - Pendergasts Schwager - trachtet dem Agenten bei einem Jagdausflug in den schottischen Mooren nach dem Leben. In den letzten Augenblicken vor Pendergasts vermeintlichem Tod, eröffnet Esterhazy ihm, dass Helen noch lebt und überlässt ihn dann seinem Schicksal in dem festen Glauben, er könne dem Tode nicht mehr entrinnen.
Pendergast überlebt, angetrieben von der Motivation, seine Frau ausfindig zu machen und die Geschichte hinter der Täuschung über den angeblichen Unfalltod Helens zu ergründen.
Der Roman rund um meinen Lieblingsagenten Aloysius Pendergast lässt mich ein wenig mit gemischten Gefühlen zurück. Er ist zweifellos gut geschrieben, in gewohnter Wortgewandheit und der Liebe zum szenarischen Detail. Die Autoren überzeugen mich immer wieder mit ihrer Mischung aus straff beschriebener Handlung und geologischen Einzel- & Besonderheiten, die die Atmosphäre des Handlungsortes einzigartig werden lässt und darüber hinaus noch die Möglichkeit bietet, etwas zu lernen ohne belehrt zu werden. Auch abseits der Geologie gibt es immer wieder tiefere Einblicke in spezifische Fachbereiche - sei es in die Computerwelt oder sonstige technische Begebenheiten - die den Eindruck gründlicher und gut angewandter Recherche vermitteln.
Der Handlungsstrang ist durchaus logisch, auch wenn man während des Lesens stellenweise daran zweifelt. Doch die Fäden laufen letztlich gut zusammen und zerstreuen die Befürchtungen, die Autoren könnten sich im Verlauf verrannt haben.
Was jedoch die Freude am Lesen etwas trübt, ist die Tatsache, dass der Charakter Aloysius Pendergast mittlerweile an Glaubwürdigkeit einbüßt. Er ist noch immer der exzentrische Kauz, mit der Eleganz, der liebenswürdigen Überheblichkeit und dem Hang zum Exquisiten. Alles Eigenschaften, die in seiner Herkunft begründet sind und ihn durch und durch ausmachen. Doch er scheint mehr Leben zu haben, als ein unglückseliger Kater und seine Fähigkeiten zu überleben und die Zufälle, die ihm dabei helfen, sind lange ausgereizt. Hier wird sich zu oft der Deus Ex Machina bedient und man gewöhnt sich ab, mitzufiebern und um sein Überleben zu bangen, denn man weiß: Egal, wie ausweglos die Situation auch erscheint, Pendergast kommt lebend da raus. Nicht immer unbeschadet, er trägt nicht selten ordentliche Blessuren davon. Doch das führt mich schon zum nächsten Punkt, der mir sauer aufgestoßen ist. Während seiner Zeit in Schottland hatte er große Mühe, seine Gesundheit wieder herzustellen und immer wieder wird klargestellt, dass er noch nicht der Alte ist. Doch kurz darauf, bei einem Kampf zur Befreiung seines Mündels Constance Green, strotzt er nur so vor Wendigkeit und Flinkheit und fliegt sogar einem Ninja gleich über die Reling einer Yacht, stürzt sich ins Meer um gleich wieder ohne größere Anstrengungen an einer anderen Stelle - während der Fahrt versteht sich - auf das Schiff zu gelangen.
Nichts desto trotz hat mir der Roman einige Stunden Lesevergnügen bereitet, zumal es noch ein Wiedersehen mit einigen Personen aus vorherigen Romanen gab, die man lange nicht "gesehen" hat. Jedoch offenbart sich ihr Auftritt nicht in jedem Fall, man könnte teilweise das Gefühl bekommen, sie sind wirklich des Wiedersehens Willen dort, haben jedoch keine maßgebliche Beteiligung an der Handlung. Aber sicherlich wird sich das noch in dem letzten Teil der Trilogie klären. Der Roman spielt wieder an vielen verschiedenen Schauplätzen, was jedoch auch bedeutet, dass man sehr genau aufpassen muss, um nicht irgendwann den Überblick zu verlieren.
In einem Punkt stimme ich den Autoren Lincoln & Child in ihrem Nachwort jedoch nicht zu: Es heißt, alle Romane rund um den FBI-Agenten Pendergast sind eigenständige, abgeschlossene Romane, die man aus der Reihenfolge heraus lesen kann, ohne dass es zu Verständnisproblemen führt. Das mag auf die meisten zutreffen, wobei ich dennoch denke, dass dem Leser Entwicklungen der wiederkehrenden Charaktere verloren gehen, die sie einem näher bringen und verständlicher machen. Doch speziell bei der Helen-Trilogie bin ich der Meinung, man kann 'Revenge - Eiskalte Täuschung' nicht weit genug nachvollziehen, als dass die Handlung Sinn ergibt. Es gibt nicht viele Rückblicke und die, die vorhanden sind, geben nur spärlich Aufschluss über die Ereignisse, die zu dem Punkt führen, an dem Pendergast bei der Suche nach seiner Frau jetzt steht. Wem also Agent Aloysius Pendergast noch gänzlich unbekannt ist, dem rate ich, die vorangegangenen Werke - am besten in Folge zu lesen, zumindest aber den Vorgänger von 'Revenge' namens 'Fever'.

 480 Seiten
Verlag: Droemer
ISBN-10: 3426198991
ISBN-13: 978-3426198995
Preis: 19,99 € (gebundene Ausgabe)
17,99 € ( Kindle Edition)