Dienstag, 4. September 2012

Douglas Preston & Lincoln Child - Revenge - Eiskalte Täuschung



Dieser Roman ist der zweite Teil der  Helen-Trilogie, in dem es um die vor vielen Jahren in Afrika verunglückte Frau des exzentrischen Agenten Aloysius Pendergast geht.
Judson Esterhazy - Pendergasts Schwager - trachtet dem Agenten bei einem Jagdausflug in den schottischen Mooren nach dem Leben. In den letzten Augenblicken vor Pendergasts vermeintlichem Tod, eröffnet Esterhazy ihm, dass Helen noch lebt und überlässt ihn dann seinem Schicksal in dem festen Glauben, er könne dem Tode nicht mehr entrinnen.
Pendergast überlebt, angetrieben von der Motivation, seine Frau ausfindig zu machen und die Geschichte hinter der Täuschung über den angeblichen Unfalltod Helens zu ergründen.
Der Roman rund um meinen Lieblingsagenten Aloysius Pendergast lässt mich ein wenig mit gemischten Gefühlen zurück. Er ist zweifellos gut geschrieben, in gewohnter Wortgewandheit und der Liebe zum szenarischen Detail. Die Autoren überzeugen mich immer wieder mit ihrer Mischung aus straff beschriebener Handlung und geologischen Einzel- & Besonderheiten, die die Atmosphäre des Handlungsortes einzigartig werden lässt und darüber hinaus noch die Möglichkeit bietet, etwas zu lernen ohne belehrt zu werden. Auch abseits der Geologie gibt es immer wieder tiefere Einblicke in spezifische Fachbereiche - sei es in die Computerwelt oder sonstige technische Begebenheiten - die den Eindruck gründlicher und gut angewandter Recherche vermitteln.
Der Handlungsstrang ist durchaus logisch, auch wenn man während des Lesens stellenweise daran zweifelt. Doch die Fäden laufen letztlich gut zusammen und zerstreuen die Befürchtungen, die Autoren könnten sich im Verlauf verrannt haben.
Was jedoch die Freude am Lesen etwas trübt, ist die Tatsache, dass der Charakter Aloysius Pendergast mittlerweile an Glaubwürdigkeit einbüßt. Er ist noch immer der exzentrische Kauz, mit der Eleganz, der liebenswürdigen Überheblichkeit und dem Hang zum Exquisiten. Alles Eigenschaften, die in seiner Herkunft begründet sind und ihn durch und durch ausmachen. Doch er scheint mehr Leben zu haben, als ein unglückseliger Kater und seine Fähigkeiten zu überleben und die Zufälle, die ihm dabei helfen, sind lange ausgereizt. Hier wird sich zu oft der Deus Ex Machina bedient und man gewöhnt sich ab, mitzufiebern und um sein Überleben zu bangen, denn man weiß: Egal, wie ausweglos die Situation auch erscheint, Pendergast kommt lebend da raus. Nicht immer unbeschadet, er trägt nicht selten ordentliche Blessuren davon. Doch das führt mich schon zum nächsten Punkt, der mir sauer aufgestoßen ist. Während seiner Zeit in Schottland hatte er große Mühe, seine Gesundheit wieder herzustellen und immer wieder wird klargestellt, dass er noch nicht der Alte ist. Doch kurz darauf, bei einem Kampf zur Befreiung seines Mündels Constance Green, strotzt er nur so vor Wendigkeit und Flinkheit und fliegt sogar einem Ninja gleich über die Reling einer Yacht, stürzt sich ins Meer um gleich wieder ohne größere Anstrengungen an einer anderen Stelle - während der Fahrt versteht sich - auf das Schiff zu gelangen.
Nichts desto trotz hat mir der Roman einige Stunden Lesevergnügen bereitet, zumal es noch ein Wiedersehen mit einigen Personen aus vorherigen Romanen gab, die man lange nicht "gesehen" hat. Jedoch offenbart sich ihr Auftritt nicht in jedem Fall, man könnte teilweise das Gefühl bekommen, sie sind wirklich des Wiedersehens Willen dort, haben jedoch keine maßgebliche Beteiligung an der Handlung. Aber sicherlich wird sich das noch in dem letzten Teil der Trilogie klären. Der Roman spielt wieder an vielen verschiedenen Schauplätzen, was jedoch auch bedeutet, dass man sehr genau aufpassen muss, um nicht irgendwann den Überblick zu verlieren.
In einem Punkt stimme ich den Autoren Lincoln & Child in ihrem Nachwort jedoch nicht zu: Es heißt, alle Romane rund um den FBI-Agenten Pendergast sind eigenständige, abgeschlossene Romane, die man aus der Reihenfolge heraus lesen kann, ohne dass es zu Verständnisproblemen führt. Das mag auf die meisten zutreffen, wobei ich dennoch denke, dass dem Leser Entwicklungen der wiederkehrenden Charaktere verloren gehen, die sie einem näher bringen und verständlicher machen. Doch speziell bei der Helen-Trilogie bin ich der Meinung, man kann 'Revenge - Eiskalte Täuschung' nicht weit genug nachvollziehen, als dass die Handlung Sinn ergibt. Es gibt nicht viele Rückblicke und die, die vorhanden sind, geben nur spärlich Aufschluss über die Ereignisse, die zu dem Punkt führen, an dem Pendergast bei der Suche nach seiner Frau jetzt steht. Wem also Agent Aloysius Pendergast noch gänzlich unbekannt ist, dem rate ich, die vorangegangenen Werke - am besten in Folge zu lesen, zumindest aber den Vorgänger von 'Revenge' namens 'Fever'.

 480 Seiten
Verlag: Droemer
ISBN-10: 3426198991
ISBN-13: 978-3426198995
Preis: 19,99 € (gebundene Ausgabe)
17,99 € ( Kindle Edition)